Eifersucht unter Geschwistern – was kann ich tun?

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Was mache ich gegen Eifersucht unter meinen Kindern?

Hallo, ich hätte eine Frage: Meine Tochter ist 2,5 Jahre alt. Vor 3 Wochen wurde sie große Schwester und sie ist sehr lieb zu ihrem Bruder. Doch seit ihr Bruder da ist, testet sie ihre Grenzen noch mehr aus – sie steckt Sachen in den Mund, wirft Gabeln und andere Sachen durch die Gegend, sie ist uns gegenüber sehr grob, sie malt an der Wand und auf der Couch herum…..Das hat sie so bisher nicht gemacht und ich glaube schon, dass es mit dem Baby zusammenhängt. Ich bin davon schon ziemlich genervt und oft bestrafe ich sie oder drohe ihr, dass ich dir dann etwas wegnehme. So gerne würde ich ihr durch diese Situation helfen, aber es fällt mir schwer. Habt ihr Tipps, wie ich anders damit umgehen kann? Danke! Liebe Grüße, Silvia

Hallo Silvia,

danke für deine Frage.  Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu eurem Baby!

Wenn ein Baby in die Familie kommt, bedeutet das immer eine große Umstellung. Für die Eltern ist die Geburt des ersten Kindes die größte Umstellung, aber auch das zweite Kind stellt Eltern vor neue Herausforderungen – nicht mehr im Umgang mit dem Baby, denn beim Wickeln, Anziehen und Kuscheln seid ihr schon Meister. Aber es gibt ein Geschwisterkind, das – natürlich – eifersüchtig wird. Das gehört dazu und darf auch so sein. Wie sich die Eifersucht ausdrückt kann ganz unterschiedlich sein. Manche Kinder werden ganz ruhig und ziehen sich zurück, andere Kinder verfallen in ein Babystadium und brauchen vielleicht wieder eine Windel, andere hören auf zu sprechen, andere reagieren brutal auf das Baby und andere versuchen mit allen Mitteln die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Ihr alle müsst als Familie in diese neue Situation erst reinwachsen.  Vor allem eure Tochter muss ihren Platz finden.

Was ihr nun tun könnt, um die Situation auch für eure große Tochter entspannt zu gestalten:

    • Catch her by being good:

      Deine Tochter scheint begriffen zu haben, dass sie von euch Aufmerksamkeit bekommt, wenn sie etwas „anstellt“. Ihr ist es egal, ob die Aufmerksamkeit positiv oder negativ ist – Hauptsache, ihr wendet euch ihr zu. Daher: Schenke ihr nicht nur Aufmerksamkeit wenn sie etwas anstellt oder etwas macht, was du nicht möchtest, sondern auch dann, wenn sie mal 5 Minuten gewartet hat, dir geholfen hat, etc. So muss sie gar nichts mehr anstellen, um Aufmerksamkeit zu bekommen.

    • Hilfe annehmen:

      Alles dreht sich zurzeit um das Baby. Das ist normal, für dein Kind aber nur schwer auszuhalten, denn bisher war sie der Mittelpunkt. Vielleicht kannst du mit dem Papa oder mit den Großeltern fixe Zeiten vereinbaren, in denen sie nur Zeit mit deiner Tochter verbringen.

    • Das Problem beim Namen nennen:

      Verbünde dich mit deiner Tochter und rede mit ihr über die Situation. Sag ihr, dass es auch dich nervt, dass du weniger Zeit für sie hast, dass das Weinen des Bruders anstrengend ist. Sei empathisch mit ihr und zeige ihr, dass du sie verstehst. Sie ist nicht alleine!

    • In die Babypflege mit einbeziehen:

      Kinder im Alter von 2,5 Jahren lieben Rollenspiele. Nutze diese Vorliebe und binde dein Kind in die Babypflege mit ein: Sie kann dir beim Wickeln helfen, die Feuchttücher bringen, das Baby ausziehen, den Schnuller holen, ein Lied singen, etc. Das gibt ihr das Gefühl, gebraucht zu werden und wichtig zu sein.

    • Das Bedürfnis hinter dem Verhalten sehen:

      Hinter jedem Verhalten steckt ein Bedürfnis – ich vermute mal, dass hinter den beschriebenen Situationen das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit steckt und der Versuch der Rückversicherung, dass sie von euch noch geliebt wird. Da wären wir wieder bei Punkt 1: Schenkt ihr Aufmerksamkeit, aber positive.

    • Dein Kind darf noch klein sein:

      Viele Eltern erwarten von dem „großen Geschwisterchen“, dass es sich auch groß verhält und Verständnis zeigt. Es soll plötzlich warten können, empathisch sein, Rücksicht nehmen, Verständnis zeigen – doch in Wahrheit geht das alles noch nicht, weil es dein Kind noch gar nicht kann. Empathie entwickelt sich erst mit etwa 4 Jahren, davor ist dein Kind entwicklungsbedingt noch nicht in der Lage sich in das Baby hineinzuversetzen, sich zurückzunehmen und zu warten. Dein Kind darf noch klein sein und seine Bedürfnisse entsprechend äußern.

    • Wenn-dann:

      Du hast geschrieben, dass du deine Tochter für ihr Verhalten bestrafst und ihr drohst. In der Verzweiflung und in der Überforderung finde ich das eine sehr menschliche Reaktion, ich finde es aber schön, dass du daran etwas ändern möchtest. Statt Wenn-dann ist es wichtig, dass du mit deiner Tochter in Beziehung bleibst. Sag ihr, „Ich will das nicht“, „Mir tut das weh“, – es braucht jetzt von deiner Seite viel Zeit und Verständnis, bis dein Kind merkt, dass du es noch genauso liebst. Und wenn sie die Wand anmalt, dann biete ihr Alternativen: vielleicht eine Tafelfolie, eine Staffelei oder einen Aqua Doodle für die Wand oder erinnere sie daran, dass sie auf dem Papier malen soll. Wenn gar nichts mehr geht, dann kannst du ihr auch erklären, dass du die Stifte wegräumen wirst, weil du dich nicht ärgern möchtest.

    • Die Geschwisterbeziehung fördern:

      Dass sie auf ihren Bruder nicht hinhaut ist ein sehr großes Zeichen – ihre Wut, Enttäuschung und Verunsicherung lässt sie auf anderen Wegen raus. Dennoch tut ihr gut daran, da Geschwisterbeziehung zu fördern – und das klappt am besten mit Berührung. Bindung entsteht durch Berührung und die braucht sowohl deine große Tochter, als auch das Baby. Warum also nicht ein Ritual ins Leben rufen: Die Geschwistermassage. Lass deine Tochter das Baby massieren. Zeig ihr einfache Bewegungen und Griffe, einfache Kitzelspiele und stärke so die Bindung zwischen den Geschwistern.

    • Zeit und Geduld:

      Was ihr als Familie nun braucht ist viel Zeit. Zeit, damit ihr alle gut in der neuen Situation ankommt. Für deine Tochter ist die Umstellung gleichzusetzen mit einer Liebhaberin, die dein Mann plötzlich hat, die dann Zimmer, Bett und Liebe mit dir teilt. Das würde dich genauso aus der Fassung bringen. Der Unterschied ist der: Wir sind erwachsen und können über die Situation reden und diskutieren. Das können Kinder meist noch nicht, also protestieren sie anders. Mal lauter, mal leiser. Aber sie sind da und brauchen uns weiterhin. Sie wollen, dass wir ihre Ängste und Sorgen annehmen, dass wir mit Empathie auf sie eingehen, sie verstehen. Das ist nicht einfach, doch wichtig, denn sie wollen sich nur versichern, dass wir sie noch immer lieben. Es ist unsere Aufgabe, die Bedürfnisse aller Familienmitglieder zu berücksichtigen und zu vereinen – aber nicht, die Bedürfnisse des Kindes der Situation anpassen.

Alles Liebe, Anna von welovefamily

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