Muttimedia: Meine Top-10-Situationen, in denen das Handy als Erziehungsmittel wirklich funktioniert

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Ich zähle zur Elterngeneration „Muttimedia“. Was das heißt? Ich schrecke nicht davor zurück, in manchen Situationen meinen Kindern das Handy in die Hand zu drücken, um meinen Willen zu bekommen. Klingt nun schrecklich? Ist es auch. Pädagogisch nicht wertvoll. Sogar unterste Rabenmutter-Schublade würde ich behaupten.

Aber – und das muss auch gesagt werden: Es ist so effektiv. Möchtest du mehr über die Muttimedia-Generation erfahren, dann: Welcome on board. Schnallen Sie sich bitte fest. Es wird unschön.

Erwarte nun nicht, dass ich in den folgenden Situationen lange mit meinen Kindern diskutiert habe oder bemüht war, einen Kompromiss zu finden. Definitely not. Wenn du nun lesen möchtest, wie ich respektvoll und mit tiefer Bauchatmung den Anliegen meiner Kinder gelauscht habe, anschließend gesagt „Ich habe gehört, du möchtest…..“, gefolgt von „Ich kann verstehen, dass….:“ und einen Kompromiss gefunden habe, dann

ja, dann bist du hier falsch, sorry. Es geht hier um (Ausnahme-)Situationen, bei denen mir das Handy ein treuer Erziehungshelfer war (und ich auch kein schlechtes Gewissen hatte):

 

Muttimedia: Meine Top-10-Situationen, in denen das Handy als Erziehungsmittel wirklich funktioniert

  1. Autofahren – der Klassiker: Wer wie ich Kinder in die Welt gesetzt hat, die von der mobilen Weiterbewegungsmöglichkeit mit Anschnallpflicht und ruhigem Sitzen nicht viel halten, der gibt nach längstens einer Stunde Dauerbespaßung und unzähligen frustrierenden Versuchen „Ich sehe was, was du nicht sieht“ auf. Denn hallo? So schnell wie wir fahren, ist das gesuchte Ding ja schon längst vorbei. Auch Autos zählen oder Fantasiegeschichten erfinden klappt nur bedingt bei Autofahrten, die länger als eine Stunde brauchen. Kinder sind ja wahre Meister, die Autoreise noch hinauszuzögern, indem ihre sonst sehr gut kontrollierbaren Blasen im Auto einfach nicht so wollen und alle 10 Minuten ein Kind quengelt: „Ich muss mal.“ Nee, ehrlich, nicht mit mir. Sie dürfen sich nach Lust und Laune mit meinem Handy austoben: Spiele spielen, Hörspiele anhören und Bücher lesen. Eine Wohltat für alle und wir kommen schneller ans Ziel (doppeldeutig, wohlgemerkt).
  1. Krankenhaus: Über meine Ansätze des „Smart-Parenting“ habe ich ja schon geschrieben. Es ist super, stundenlanges Warten im Krankenhaus mit einem plötzlich gesundetem Kind mit ein wenig What’s App und Spielen zu überbrücken. Irgendwann hängen einem die bakterienverseuchten Legosteine und abgeschmuddelte Bücher voller Krankheitserreger auch zum Hals heraus. Ekelfaktor hoch 10, wenn ihr mich fragt. Eigentlich bräuchten auch die Eltern Einweg-Handschuhe im Warteraum. Nicht nur die Ärzte. Wer weiß, was man sich da alles holt.
  1. Restaurant: Bevor ich Kinder hatte wusste ich natürlich alles besser. Was habe ich mich immer über die Eltern aufgeregt, die ihren Kindern sogar beim Essen im Restaurant ein Handy in die Hand drückten. Ich meine, schaffen die es nicht ihre Kinder so zu erziehen, dass sie wenigstens beim Essen Ruhe geben? Also ich, ich werde es…… mal genauso machen. Nicht immer. Aber manchmal haben Kinder auch einfach keinen Bock, stundenlang mit den Erwachsenen in einem überfüllten Raum zusammenzusitzen, ihrem langweiligen Gequassel zuzuhören und sich dabei noch „artig“ zu benehmen. Seit wir Kinder haben, wurden wir zu Schnellessern und versuchen, möglichst rasch den Ort zu wechseln. Wir schlingen schon fast. Nicht aus Unhöflichkeit, sondern als Überlebenstaktik. Wenn aber mal alle Stricke reißen, das Essen einfach nicht kommen will und die Kinder vor lauter Hunger und Langeweile nur noch am Tisch lümmeln, dann bekommen sie – um die erwarteten Tischmanieren der anderen Erwachsenen zu erfüllen – mein Handy. So sitzen sie wenigstens aufrecht und machen ein freundliches Gesicht. Soll erfüllt, oder?
  1. Spielplatz: Nicht einmal am Spielplatz mache ich davor Halt, Kindern mein Smartphone in die Hand zu drücken. Ich könnte ihnen auch zurufen, dass sie doch an dem Klettergerüst ihre motorischen Fähigkeiten schulen können oder Schüttspiele im Sand ihre sprachlichen Fähigkeiten fördern würden, während ich meinem notorischen Davonläuferkind hinterherjage und es suche. Wie schon so oft. Ein einziges Mal habe ich einen Fehler begangen: Ich habe meine beiden großen Kinder ohne multimediale Ablenkung gebeten, HIER auf mich zu warten, während ich ihre Ausreißer-Schwester suche. Vor lauter Sorge und nett gemeinter Hilfe, haben sie mitgesucht und ich stand am Ende mit keinem Kind mehr da. Auch doof, wenn man von 3 Kindern 3 verliert. Das fällt dann schon wirklich auf. Wenn ich wenigstens 2 noch habe, ist das immerhin die 2/3 Mehrheit – kein schlechter Schnitt, wenn ihr mich fragt. Und stolz bin ich dann, wenn es die beiden richtigen sind. 😉
  1. Zähneputzen: Alle Eltern mit Zahnputzverweigerern werden mir Recht geben, dass nach endlosen Überredungsversuchen, Handpuppen, lustigen Reimen und Liedern und erfolglosem Flehen, Youtube die perfekte 2-Minuten-Ablenkung ist, um die Zähne zu putzen. Übrigens: Je unheimlicher der Film ist, je erstaunter das Kind ist, desto weiter wird der Mund geöffnet. Also weg mit den Barbapapas, es darf dann schon ein wenig spannender sein.
  1. Urlaub: Urlaub mit Kindern ist wie Alltag mit weniger Spielsachen, ohne Freunde und mehr Langeweile an einem anderen Ort. Eine ungünstige Konstellation, wenn man als Eltern ein wenig Ruhe und Entspannung möchte. Eh doof, wer mit solchen Erwartungen die Reise antritt, aber hoffen darf man ja noch. Im Urlaub toppe ich mich dann übrigens noch selbst: Ich nehme extra unser Familien-Tablet mit, um selbst ungestört mit meinem Smartphone zu surfen, während die Kinder mal wieder in Spiele, E-Books oder Filme vertieft sind. Natürlich vorher geprüft, dass sie keine Albträume auslösen, denn schließlich würden wir gerne ein wenig Schlaf abbekommen.
  1. Regenwettertage: Es gibt ja Mütter, die haben immer kreative Ideen im Kopf. Meine Kreativität hört bei Bügelperlenbildern und Malkasten auf. Mir fehlt das Kreativ-mit –den-Kindern-basteln-Gen. Und bevor ich nun das Internet nach möglichen Bastelanleitungen durchforste, die auch ICH verstehe, dürfen meine Kinder gerne ihre Kreativität mit meinem Handy ausleben: Sie dürfen Fotos machen, diese noch bearbeiten, verzieren, lustige Texte dazu erfinden oder einen kurzen Film drehen. Auch Expeditionen durch unsere Wohnung im Krabbel-Style finde ich so in meinem Filmarchiv – Schätze, die ich sonst nie gehabt hätte. Und wenn eines meiner Kinder mal ein berühmter Regisseur wird, dann kann ich die Erstlingswerke herzeigen und mir stolz auf die Schulter klopfen, dass meine Erziehung dazu beigetragen hat. „And the Oscar goes to —- my mum. I thank her so very much….. she’s the best mum in the whole world…..“ Ach, schnief.
  1. Aufführungen: Nicht ist für Geschwisterkinder wohl langweiliger, als die stolzen und aufgeregten Eltern zu einer Aufführung des anderen Kindes zu begleiten. Während die Eltern wie ein gutes Filmteam ausgerüstet antanzen und vor Stolz, Freude und Ehrgeiz ganz verzückt sind, hängt dem anderen Kind die Langeweile schon bei den Ohren raus. Statt nun die Kämpfe um die Aufmerksamkeit der Eltern zu ertragen und die „guten Ideen“ einzudämmen, ist jedem geholfen, wenn das Zuschauerkind still in seinem Sessel versinkt, die Welt um sich herum ausblendet und blöd auf dem Handy herumwischt.
  1. In der Früh, sehr zeitig und am liebsten am Wochenende: Ausschlafen? Das ist schon lange her. Drei Kinder, die am Wochenende prinzipiell um halb 7 aufstehen (also freiwillig), sind wahrliche Nachtverkürzer. Nicht meine Spezies. Mittlerweile reicht es, wenn sie anklopfen und „Du Mama….“ Sagen – „Jaja, nehmt auch mein Handy“ murmle ich dann verschlafen. Zack, mindestens eine Stunde mehr Schlaf herausgeholt. Ob sie wirklich immer das Handy wollten, weiß ich nicht. Ist mir aber auch egal. Eine Stunde länger schlafen. Super ist das. Ehrlich, super.
  1. Beim Kochen: Hier kommt das Handy mal ausnahmsweise nicht zum Einsatz, um meinen Willen zu bekommen, sondern ich tue meinen Kindern einen „Gefallen“. Nicht ganz ohne Hintergedanken, aber so lange sie es nicht merken…… Eine kleine feine Rezeptsammlung für Kinder sorgt für einen Begeisterungs-Hype. Nein, nicht Rezepte, die Kindern schmecken, sondern Rezepte, die Kinder kochen können. Was glaubt ihr denn? Und wenn die Kinder schon selbst kochen wollen, ja dann, dann werde ich sie nicht aufhalten, sondern stelle ihnen gerne mein Handy zur Verfügung. Das würde doch jede Mama tun, oder?

 

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