Der weloveFamily Report Teil 2– Was Eltern wirklich beschäftigt: Erziehung

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Was denken Familien, wie stehen sie zu Themen wie Erziehung, Bildung, Betreuung und Gesundheit und wie beurteilen sie die gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahre? Wir haben 1.209 österreichische Familien dazu befragt. Die Studie zeigt, wo der Schuh drückt: Gerade die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sowie die Ausbildung und Betreuung von Kinder – aus Sicht der Familien gibt es hier Nachholbedarf.

Teil 2: Erziehung

Österreichische Eltern sind eher streng als laissez-faire:

„Offen, d.h. ohne Vorgabe von Antwortkategorien gefragt, sind gute Eltern für die TeilnehmerInnen vor allem Eltern, die ihr Kind lieben bzw. bedingungslose Zuneigung geben (35,9%), sich Zeit für ihr Kind nehmen (32,3%) und immer für ihr Kind da sind (19,4%). Mit vorgegeben Antwortkategorien sind es sogar 98% die es für sehr wichtig halten den Kindern zu zeigen, dass die Eltern sie lieben. Weitere 83% sind der Meinung, dass es wichtig ist mit gutem Beispiel voranzugehen und 72% dass man den Kindern Grenzen aufzeigen sollte.“ Wir möchten hier ein wenig tiefer graben:

Aspekte wie „Geborgenheit und Sicherheit geben“ liegen mit 9,3% deutlich weiter hinten, ebenso „dem Kind zuhören“ mit 7,9%. Dabei sind dies zwei Faktoren, die für eine sichere Bindung und damit einen selbstbewussten Start ins Leben entscheidend sind und im Kontext einer bedingungslosen Zuneigung und Liebe nicht fehlen dürfen. Geborgenheit und Sicherheit stellen für die Ausbildung des Urvertrauens im ersten Lebensjahr entscheidende Faktoren da: Ein Baby hat aus seiner Evolutionsgeschichte heraus das Bedürfnis, Nähe und Zuneigung zu erfahren. Es braucht Körperkontakt, um sich geborgen und sicher zu fühlen. Nur so kann es Selbstvertrauen aufbauen und die Welt im eigenen Tempo und auf eigene Faust entdecken. Es weiß um die Sicherheit und die Möglichkeit, bei seinen Eltern aufgefangen zu werden, wenn es Sicherheit braucht. Das Bild des Leuchtturms oder des sicheren Hafens kommt nicht von ungefähr.

Aber auch Zuhören ist unserer Ansicht nach zu weit hinten gereiht: Von Kindern wird erwartet, dass sie zuhören, doch Erwachsene sind dabei nicht immer ein gutes Vorbild. Dabei brauchen Kinder nicht ständige Aufmerksamkeit, aber genauso wie uns Erwachsenen tut es auch Kindern gut, wenn wir einmal ganz beim Kind sind zu zuhören. Kinder möchten gehört werden und Eltern müssen von Beginn an zuhören, um die Bedürfnisse des Kindes zu verstehen. Vielleicht ist es ein intuitives Zuhören, doch wer möchte, dass sein Kind sich ihm auch noch in der Pubertät anvertraut, sollte schon im Kindesalter damit beginnen, seinem Kind zuzuhören und zu zeigen: Ich nehme dich wahr, du bist mir wichtig. Und ich höre dir zu. Dabei ist das aktive Zuhören, also das Zuhören, bei dem der Zuhörer das Gehörte mit eigenen Worten wiederholt und damit bestätigt ein gutes erzieherisches Mittel dem Kind zu zeigen, ich bin da, aber ich bewerte nicht. Stattdessen erfährt das Kind Einfühlungsvermögen, Akzeptanz und kann sein Verhalten selbst beurteilen. Ein Kind, das die Erfahrung macht gehört zu werden, wird auch selber lernen, zuzuhören.

Laut der Umfrage ist den Eltern die Vermittlung von Ehrlichkeit und Respekt am wichtigsten, gefolgt von Geborgenheit, Hilfsbereitschaft, Höflichkeit und Verantwortung. Mitgefühl liegt mit 18,1% im guten Mittelfeld, Individualität mit 10,5% auch.

Zu dem Punkt Respekt haben wir ein schönes Zitat gefunden:

„Kinder konnten noch nie besonders gut auf Ältere hören,
aber sie haben es sich nie entgehen lassen, sie nachzuahmen.“
(James Baldwin)

Kinder und Jugendliche haben heute keinen Respekt mehr – diesen Satz hört man nicht nur oft, man liest auch. Doch was steckt dahinter und warum sind Kinder heute so respektlos? Respekt bedeutet Achtung, Ehrerbietung, Hochachtung, Ehrfurcht – etwas, das auch mit „Du sollst Vater und Mutter ehren“ tief in unseren Wurzeln verankert ist. Kinder sind ein Spiegel, sie reflektieren alles, was wir sagen und tun. 95% Lernen Kinder durch Nachahmung, durch Vorleben. Oft denken Eltern, Kinder hätten nicht dieselben Gefühle, weil sie kleiner sind und weniger Erfahrung haben. Doch das stimmt nicht: Ein Verhalten, das uns demütigt, demütigt auch Kinder. Werden Menschen emotional verletzt, schalten sie ihr Denken aus – versuchen Eltern nun durch Kritik, Spott oder Anschreien das Verhalten des Kindes zu lenken, ist dies nicht von Erfolg geprägt.

Ironischerweise versuchen aber viele Erwachsene ihren Kindern Respekt sehr respektlos zu vermitteln – Kinder lernen Respekt nicht durch Anleitung, sondern durch Nachahmung. Nur wenn wir unsere Kinder mit Respekt behandeln, werden sie es auch lernen. Nicht umsonst heißt es, man soll seine Mitmenschen so behandeln, wie man auch von ihnen behandelt werden möchte. Es braucht aber ein Umdenken, um Kindern mit Respekt zu begegnen, auf Augenhöhe mit ihnen zu sein: Ein Baby wird bereits mit menschlicher Würde geboren und diese muss anerkannt und bewahrt werden. Dazu gehört nun, keine (körperlichen) Strafen als Disziplinierungsmaßnahme einzusetzen, nicht zu erwarten, dass das Kind nach den eigenen Vorstellungen „funktioniert“, sondern das Kind in seiner Entwicklung mit allen Höhen, Tiefen und Phasen zu begleiten. Es bedeutet auch, das Kind ernst zu nehmen, ihm zuzuhören, seine Emotionen zu spiegeln und auf seine Bedürfnisse einzugehen. (http://www.leben-ohne-schule.de/pam.leo/respekt.html). Wenn wir uns also das nächste Mal über das respektlose Verhalten unseres Kindes ärgern, dann lohnt sich nicht nur ein Blick auf den Entwicklungsstand des Kindes und die Frage, ob es schon andere Möglichkeiten hätte, sondern auch auf das eigene Verhalten.

 

„Die ideale Erziehung zeichnet sich nach Meinung der österreichischen Familien durch ein Mittelmaß an Strenge, Sparsamkeit und Autorität aus. So beurteilt jeweils die Mehrheit die goldene Mitte zwischen streng und laissez-faire (63,5%), sparsam und großzügig (57,2%) und autoritär und anti-autoritär (56,6%) als ideal. Den eigenen Erziehungsstil würde ein Drittel jedoch als eher bzw. sehr streng (30,9%) und die Hälfte als mittelmäßig streng (55,1%) beurteilen.“

Doch wie streng müssen Eltern überhaupt sein? Der Schweizer Kinderarzt und Entwicklungsforscher Remo Largo schreibt, dass Kinder von Natur aus dazu angelegt sind zu gehorchen, sich von ihren Bezugspersonen leiten zu lassen und sich an deren Verhalten zu orientieren. Und Jesper Juul betont gerne, dass Kinder kooperieren wollen. Aber genau an diesem Satz scheitern viele Eltern wenn sie denken, dass da Kind doch lieber genau das Gegenteil von dem machen möchte, was sich die Eltern vorstellen. Eine Situation, die bestimmt jeder Elternteil kennt und darauf gibt es nun auch eine gute Antwort: Wir möchten hier an dieser Stelle gar nicht weiter ausführen, sondern auf eine tolle Artikelserie von Das Gewünschteste Wunschkind hinweisen, die genau dieses Thema behandelt.

„Bei den Geschenken zeigen sich die österreichischen Eltern aber vor allem an Weihnachten spendabel – hier werden im Schnitt durchschnittlich 70€ pro Kind als angemessen betrachtet. Darauf folgt der Geburtstag mit Geschenken im Wert von 50€ und 25€ zu Ostern. Zum Namenstag ist aus Sicht der Eltern mehrheitlich kein Geschenk nötig. Ein Handy bzw. Smartphone sollten Kinder für 4 von 10 Befragten frühestens mit 9 bis 10 Jahren bekommen (40,5%).“

Weihnachten wurde nach den Ergebnisse der Umfrage zu urteilen zum Fest der Geschenke: Müllberge, Konsumstress und Mehrarbeit für Post und Geschäfte – aber ist das alles notwendig? Keine Jahreszeit ist für den Einzelhandel so entscheidend wie Weihnachten. Etwa 1/5 der Jahresumsätze werden in der kalten Jahreszeit erzielt. Dabei hört man an allen Ecken, dass zu viele Geschenke die Kinder überfordern. Weihnachten sollte das Fest der Liebe und der Familie sein (auch, wenn der religiöse Gedanke in der Familie keine Rolle spielt). Die Adventszeit als Vorbereitung sollte ruhig, harmonisch, familiär sein – stattdessen läuft man/frau hektisch von Geschäft zu Geschäft, um noch ein paar Kleinigkeiten zu besorgen. Schließlich ist der Wunschzettel des Kindes lange. Doch müssen wirklich alle Wünsche erfüllt werden? Nein. Kinder müssen auch lernen, dass manche Wünsche unerfüllt bleiben und es ist Eltern anzuraten, genau bei den Wünschen der Kinder zu differenzieren: Denn die Flut an Spielzeugwerbung vor Weihnachten, die ständig eintrödelnden Spielzeugkataloge lassen viele Wünsche entstehen, die gar nicht so wichtig sind. Auch innerhalb in der Familie kann es sinnvoll sein, sich ein wenig abzusprechen und Hinweise zu geben, worüber sich das Kind freut. Und statt selbst immer die ganze Familie mit Eltern, Großeltern, Tanten, Onklen, Geschwistern etc. beschenken zu müssen, könnte auch gewichtelt werden – eine schöne Tradition, die den Konsumrausch in Grenzen hält.

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