Weihnachten auf Probe

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Simon war schon ganz aufgeregt. Sein Vater und er standen inmitten der großen Menschenmenge, die sich am Wiener Hauptbahnhof tummelte. Ungeduldig hielt er das große Schild über seinen Kopf, auf dem ein exotischer Name stand: Erdal.

Der Junge, zu dem der Name gehörte, war Simons türkischer Cousin. Er reiste extra aus der Türkei an, um Simons Familie für ein paar Wochen zu besuchen. Da er nicht gerne flog, nahm er die weite Reise per Schiff und Zug auf sich. Simon freute sich sehr darüber. Das letzte Treffen lag viele Jahre zurück.

Das Pappschild hatte Simon extra gebastelt, damit es Erdal leichter fiel, ihn und seinen Vater am Bahnhof zu erkennen. Hier war stets ein großer Tumult, doch gerade jetzt, in der Weihnachtszeit, war besonders viel los. Simon wollte unter keinen Umständen, dass Erdal sie nicht finden würde.

Die beiden reckten sich und verdrehten ihre Hälse, um Erdal in der Menschenmenge ausfindig zu machen. Plötzlich spürte Simon ein Tippen auf seiner Schulter. Er drehte sich um und sah in das strahlende Gesicht seines Cousins. Es folgte eine innige Begrüßung, bevor sie den Hauptbahnhof verließen.

„Du hast noch nie Weihnachten gefeiert, stimmt’s?“, fragte Simon neugierig. Erdal schüttelte den Kopf. „Wir feiern ja kein Weihnachten. Aber ich habe schon viel darüber gehört und freue mich, es einmal mitzuerleben!“, sagte der türkische Junge. Simon erzählte ihm von gerösteten Mandeln, Vanillekipferln, Lebkuchen und den bunten Lichtern, die Erdal erwarteten.

Erdal staunte nicht schlecht, als sie in die Einfahrt fuhren. Das Haus, in dem Simons Familie wohnte, war mit vielen Leuchtketten behangen. Im Vorgarten stand ein dicker Schneemann, den Simon am Vortag gebaut hatte. „Es ist Jahre her, dass ich Schnee gesehen habe!“, sagte Erdal. Simon grinste und formte einen Schneeball. Lachend warf er ihn auf seinen Cousin, der sich schnell duckte. „Na warte, das gibt Rache!“, rief Erdal ihm lachend zu.

So tobten die beiden Jungen durch den winterlichen Vorgarten, bevor Simons Eltern sie ins Warme riefen. „Wir freuen uns, dass du die weite Reise auf dich genommen hast. So können wir dir mal zeigen, was das Weihnachtsfest ausmacht“, sagte Simons Mutter. Erdal nickte. „Das ist dann also Weihnachten auf Probe!“, stellte der südländische Junge fest.

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