Emilia und der Schuhkarton

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Es war schon spät, als Emilias Vater aus dem Keller fluchte. „Diese blöden Nager! Überall knabbern sie die Kabel an und hinterlassen ihren Schmutz!“, rief er. Emilia und ihre Mutter lachten laut in der Küche, weil sie sich darüber amüsierten, dass er es nicht schaffte, die Mäuse einzufangen. Seit ein paar Tagen versuchte er schon, sie aus ihrem Versteck zu locken.

Scheinbar waren die Mäuse geschickter als der Vater, dachte sich Emilia im Stillen. Bald darauf ging sie ins Bett. Weihnachten stand vor der Tür – für das große Fest wollte sie ausgeschlafen und munter sein. Das Mädchen fiel alsbald in einen tiefen Schlaf.

Als sie aufwachte, rieb sie sich den Schlafsand aus den Augen. Sie schlüpfte in ihre Pantoffeln und ging hinab. In der Küche begegnete sie ihrem Vater, der sie triumphierend ansah. „Du glaubst nicht, wer mir gestern noch ins Netz gegangen ist“, sagte er zu ihr. Emilia sah ihn verblüfft an, bevor der Groschen bei ihr fiel. „Ist es dir tatsächlich gelungen, die Mäuse einzufangen?“, fragte sie erstaunt. Ihr Vater sagte nichts und grinste nur.

Er holte einen kleinen Käfig unter dem Tisch hervor, in dem sich eine ganze Mäusefamilie tummelte. „Käse. Damit kriegt man sie eben alle!“, betonte ihr Vater zufrieden. Die Mäuse fiepten und schienen ängstlich zu sein. Emilia bekam Mitleid mit den kleinen Wesen.

„Was machst du nun mit ihnen?“, fragte sie ihren Vater. „Ich bringe sie weit weg, raus in den Wald. Dann können sie dort ihren Schaden anrichten“, sagte er. Emilia war empört. Das konnte er doch nicht machen! Einen Tag vor Weihnachten! Im Wald war es doch viel zu kalt für die Mäuse!

Emilia drehte sich um und lief zurück in ihr Zimmer. Sie kramte in ihrem Schrank. Kurz darauf beförderte sie einen alten Schuhkarton heraus, den sie in die Küche brachte. „Die Mäuse kommen hier rein. Ich stopfe es mit Watte aus, dann haben sie es schön warm“, rief Emilia ihrem erstaunt guckenden Vater zu. „Und bevor du mir das verbietest – es ist mein einziger Wunsch zu Weihnachten“, erklärte sie ihm.

Kurz darauf gluckste und lachte der Vater. „So kenne ich meine Tochter. Sie möchte sogar, dass die Mäuse ein schönes Weihnachten haben. Also gut, ich erlaube es. Aber wehe, sie fliehen! Dann fängst du sie wieder ein!“

Emilia nickte, aber sie wusste: Den Mäusen würde es so gut im Schuhkarton gehen, dass sie gar keinen Grund hätten, wegzulaufen.

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