Der Krampus kommt – warum Kinder trotzdem nicht „braver“ werden

Der Krampus kommt
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Der Krampus kommt. Wird ein Kind wirklich „braver“ sein, nur weil ihm seine Eltern damit drohen, dass statt dem Nikolaus der Krampus kommt? Wahrscheinlich nicht. Stattdessen können wir uns anschauen, warum Eltern immer wieder auf dieses Druckmittel zurückgreifen und welche Alternativen es gibt.

Der Krampus kommt

Meist ist es die Folge desselben Szenarios: Das Kind hört nicht. Das Kind verhält sich nicht so, wie wir es uns vorstellen. Es durchkreuzt unsere Pläne, zeigt ein unangepasstes Verhalten und bringt uns zur Verzweiflung. Wir als Eltern stehen dann ratlos da, wissen nicht, was wir sagen sollen und greifen dann auf Druckmittel zurück, die wir (häufig) aus unserer Kindheit kennen. Eltern versuchen also, das von ihnen gewünschte Verhalten des Kindes mit einer Drohung zu erzwingen statt zu fragen, warum sich das Kind gerade so verhält, wie es sich verhält. Aber haben es uns diese Drohungen braver gemacht? Nein. Sie haben uns Angst gemacht. Nicht immer stimmen im Familienleben die Vorstellungen der Eltern mit jenen des Kindes überein und es kommt zu Auseinandersetzungen. Das ist eine große Herausforderung und nicht immer gelingt es, einen Mittelweg zu finden. Immer wieder kommt das Gefühl auch, dass Bedürfnisse auf der Strecke bleiben. Es ist nicht immer leicht, die Bedürfnisse aller Familienmitglieder zu sehen und darauf zu reagieren.

Doch wird es helfen, wenn mit dem Krampus gedroht wird? Nein. Stattdessen wird die Eltern-Kind-Beziehung belastet.

Kinder verlassen sich auf uns

Kinder kommen mit dem Bedürfnis nach Bindung auf die Welt. Die Bindung an eine Person sichert ihr Überleben. Sie binden sich so stark an diese Person, dass sie ihr alles glauben und eher an sich zweifeln, als an ihren Eltern. Sie sind von ihren Eltern, von ihrer Liebe und von ihrem Schutz abhängig. Ohne sie gäbe es für ein neugeborenes Baby kein Überleben. Sie brauchen ihre Nähe, ihre Fürsorge, ihre Wärme. Im besten Fall erlebt das Kind genau diese Situation jeden Tag: Es fühlt sich gesehen, angenommen, geliebt, geborgen, in Sicherheit. So, wie es sein soll. Das Kind weiß, dass es sich immer auf seine Eltern verlassen kann und dass sie immer da sind.

Nur an einem Tag nicht. Da kommt der Krampus und bestraft das Kind für seine „schlimmen“ Taten (an die es sich zu dem Zeitpunkt gar nicht mehr erinnern kann).

Der Krampus kommt – warum Kinder trotzdem nicht „braver“ werden

Für ein Kind wirkt der Krampus bedrohlich. Und wie. Ein großes, zotteliges „Monster“, das herumschreit und mit der Rute versucht, das Kind zu bestrafen. Die Ketten klimpern bedrohlich. Die Situation ist für das Kind kaum auszuhalten und was wünscht es sich? In den Armen seiner Eltern aufgefangen zu werden. Doch was erfährt es?

Seine Eltern stehen womöglich zustimmend daneben, fast ein wenig schadenfroh und mächtig  und schauen zu, wie ihrem Kind angst und bange wird, wie es der Situation nicht entkommen kann, wie es klein und eingeschüchtert wird. Ist das die Basis einer liebenden Eltern-Kind-Beziehung? Nein. Das ist ein Machtgefälle und das tut keinem Menschen gut. Und auch keiner Beziehung. Das hat nichts mit einer liebevollen und respektvollen Eltern-Kind-Beziehung zu tun, wenn wir unsere Kinder emotional erpressen und dadurch ein „besseres“ Verhalten erzwingen.

Statt dem Krampus: Was können Eltern tun?

Das Verhalten eines Kindes hat immer einen Grund. Statt den vermeintlich einfachen Weg über die Erpressung zu gehen, der aber für eine langfristige Bindung und Beziehung nichts bringt, sollten sich Eltern Zeit nehmen und hinterfragen, was das Kind gerade braucht.

  • Zeit nehmen: Für das Kind Zeit nehmen, Interesse zeigen, das Gespräch suchen und versuchen herauszufinden, warum sich das Kind so verhält bzw. welches Bedürfnis dahinter steckt.
  • Das Kind respektieren: Jedes Kind ist anders. Es ist nicht die Aufgabe von unseren Kindern so zu sein, wie wir sie haben wollen.
  • Kommunikation: Gespräche und In-Kontakt-bleiben sind die Eckpfeiler einer guten Beziehung. Das gilt genauso für die Beziehung zu unseren Kindern. Ein Gespräch kann beim Abendessen stattfinden, genauso wie beim Schlafen legen oder einfach nur zwischendurch. Es gibt aber auch die Möglichkeit, das Kind zu einem Gespräch einzuladen.
  • Eigene Erfahrungen: Ein Kind muss lernen, dass sein Verhalten Auswirkungen hat. Damit sind keine künstlichen „Wenn-dann-Konsequenzen“ gemeint (Wenn du nicht brav aufisst, bekommst du keinen Nachtisch mehr – was ist denn „brav“ aufessen und warum muss ein Kind aufessen?), sondern natürliche Auswirkungen, die keine Erklärung brauchen.

Ein liebevoller und respektvoller Umgang und eine gute Eltern-Kind-Bindung sollte nicht durch leere Drohungen wie dem Krampus gefährdet werden. Und schon gar nicht sollte der Krampus wirklich eingeladen werden. Das macht ein Kind klein und macht ihm Angst. Angst ist keine gute Voraussetzung für eine offene Beziehung.

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