Mythen rund um das Familienbett

Mythen rund ums Familienbett
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Ich habe jahrelang das Familienbett praktiziert – nun ist es Zeit für einen Rückblick. Zeit für einen Rückblick auf meine Zeit im Familienbett, den vielen Vorurteilen und auch den Mythen, mit denen ich konfrontiert wurde.

„Das Kind bekommst du nie wieder raus“

Zugegeben, dieser Gedanke machte mir zu Beginn auch Angst. Was, wenn meine Kinder nie in ihrem eigenen Zimmer schlafen wollen? Ich beschloss, wenn das Problem nach einigen Jahren noch immer da ist, dann gehe ich es an. Letztendlich war es dann so, dass jedes Kind aus dem Familienbett auszog, wenn es so weit war. Und das war meist früher, als ich dachte.

Sollen Kinder alleine schlafen?

Kinder schlafen dann gut, wenn sie sich sicher und geborgen fühlen. Dafür ist die Nähe der Eltern notwendig, die Kinder wissen lässt: Mir kann nichts passieren, ich bin in Sicherheit. Dass Kinder möglichst schnell selbständig und unabhängig werden ist heute vielen besonders wichtig. Kein Baby ist nicht dafür gemacht, alleine zu schlafen. Sicherheit und Nähe beim Schlafen zählen zu seinen Grundbedürfnissen. Wann ein Kind soweit ist, dass es alleine einschläft, hängt vom Kind ab. Schlafen soll mit etwas Positivem verbunden werden.

Kein Sex mehr?

Bedeutet es also, dass bei Eltern, die ihr Kind im eigenen Zimmer schlafen haben, die Post abgeht? Es wird schnell klar, wie wenig sinnvoll diese Aussage ist. Schließlich ist Sex nicht ans Bett gebunden, sondern von ganz anderen Faktoren abhängig. Das Bett ist da meist das geringste Problem. Viel mehr ist es so, dass sich das Sexualleben nach einer Geburt verändert. Von vielen Gesprächen mit anderen Müttern und aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man in der ersten Zeit  müde, ausgelaugt und erschöpft ist und wirklich andere Dinge im Kopf hat – egal, wo das Baby schläft.

Gemeinsames Schlafen

Ich möchte hier nun gar keine „Friede-Freude-Eierkuchen“-Welt vorgauckeln oder das Familienbett als die „problemlose“ Form des Schlafens verkaufen. Nur weil ein Kind im Familienbett schläft, schläft es weder besser, noch schläft es durch, noch weint es nicht. Zumindest meine Kinder nicht. Es gab Zeiten, da war mir das Familienbett zu eng, es war zu anstrengend, zu viel – wenn nachts dauergenuckelt wird, das Kind alle 2 Stunden aufwacht, unruhig ist, Stehversuche übt, quer im Bett liegt, krank ist und dauerhustet, etc. dann war es anstrengend. Das wäre es aber auch ohne dem Familienbett gewesen. In diesen Zeiten gönnte ich mir auch eine Auszeit und schlief mal eine Nacht auf dem Sofa. um mich zu erholen und meine leeren Batterien wieder aufzuladen oder ich sah mich nach Alternativen um: Ein Beistellbett, ein Matratzenlager oder passt vielleicht ein Gitterbett ins Schlafzimmer? In vielen Nächten war es aber auch so, dass wir einfach schliefen, das Kind andockte, wann es Hunger hatte und ich einfach weiterschlief. Überwiegend wachte ich also erholt am nächsten Tag auf und bekam meine mir so wichtigen Tiefschlafphasen, weil sich unsere Schlafrhythmen einander anpassten. Sehr praktisch!

Leichteres Abstillen

Ich hätte meinen Kindern eine längere Stillzeit gegönnt – es war nur die Nachfrage nicht da. Im Gegensatz zu anderen Kindern im Familienbett haben sich meine Kinder sehr schnell abgestillt und einfach nicht mehr nach der Brust verlangt. Ich sehe darin aber auch kein Problem, wenn Kinder länger stillen – längere Stillbeziehungen sind absolut normal und nichts, wovor man Angst haben müsste.

Sicherheit

Dieses Argument hörte ich tatsächlich häufig in Kombination mit der Frage „Hast du da gar keine Angst?“. Nein. Auch wenn Studien sagen, dass Babys im Familienbett häufiger am Plötzlichen Kindstod sterben, hat Renz-Polster dieses Thema wunderbar aufgegriffen und betont, dass es nicht am Familienbett liegt, sondern an anderen Umständen wie Rauchen oder Alkohol. Auch wenn die Eltern unter dem Einfluss von Medikamenten, Drogen oder anderen Substanzen stehen, ist es für das Kind tatsächlich eine Gefahr, im Familienbett zu schlafen. Ohne diese Risikofaktoren ist der Schlaf im Familienbett jedoch sicher.

Loslassen

Immer dieses rechtfertigen. Das nervte wirklich. Ist es nicht  fragwürdig und bedenktlich, dass man von „nicht loslassen können“ spricht, während das Kind gerade mal 1 Jahr alt ist? Oder 2? Oder 3? Das ist ein kleines Kind, das in seiner Welt in einer Symbiose mit mir ist, das mich braucht. Kinder brauchen kein Loslassen, sondern Geborgenheit und Sicherheit. Sie brauchen eine sichere Bindung, die, wie bewiesen ist, die beste Grundlage für Neugier, Selbstbewusstsein und Glück ist. Dazu muss ich nicht loslassen, sondern das Loslassen geschieht von ganz alleine, wenn das Kind dazu bereit ist.

Vorteile des Familienbetts

Für mich überwogen ganz klar die Vorteile des Familienbetts:

  • Mütter kümmern sich auch nachts um ihr Baby und regulieren seine Temperatur, den Atem und die Reifung
  • Es gibt keinen wissenschaftlichen Beleg, dass das Kind nur dann selbständig wird, wenn es alleine schläft
  • Kinder, die sich ihrer Eltern auch nachts sicher sein können, sind selbstbewusster und emotional stabiler
  • Sie verkraften Trennungszeiten besser
  • Sie haben ein gesundes Verhältnis zu Schlaf und Einschlafen
  • Kinder werden nachts häufiger gestillt und leiden weniger an Gedeihstörungen
  • Nächtliches Stillen ist für die Milchproduktion wichtig
  • Ich muss zum Stillen nicht aufstehen, sondern kann mein Kind im Halbschlaf anlegen
  • Die Atemgeräusche der Eltern erinnern das Kind an das weiter Atmen
  • Tiefschlafphasen und Traumphasen von Mutter und Baby gleichen einander an
  • Die Bedürfnisse können schneller befriedigt werden
  • Geschwister, die zusammen schlafen, entwickeln eine tiefere emotionale Bindung

Die Zeit des Familienbetts war für mich eine intensive Zeit, aber auch eine sehr schöne. Rückblickend gesehen war sie auch sehr kurz und heute genieße ich die Momente, wenn doch wieder ein Kind unter die Decke kriecht.


Welche Erfahrungen hast du mit dem Familienbett gemacht? Wie ist eure Schlafsituation? Mit welchen Vorurteilen musstest du „kämpfen“?

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