Baby, 5 Monate, schreit beim Wickeln

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Hallo Ihr! Ich bin ein begeisterter Leser eurer Artikel (immer dann, wenn ich stundenlang neben meinem Sohnemann im Bett liege und nicht aufstehen darf ) Und nun brauch ich dringend Rat/Hilfe. Mein Sohn ist nun 5 Monate alt. Seit 2 Wochen ist das Wickeln und Anziehen nach dem Baden eine Katastrophe. Er brüllt sich die Seele aus dem Leib, dass man meinen möchte, er wird schwer misshandelt. Er lässt sich auch nicht beruhigen. Wenn man ihn nackig hoch nimmt, ist wieder Ruhe. Aber irgendwann muss er dann doch in die Windel und den Pyjama und die Sirene heult wieder los. Ruhe findet er dann erst beim in den Schlaf Stillen. Ich bin schon richtig verzweifelt, da ich ihn nie schreien lasse, mir hier aber nichts übrig bleibt.

Mir ist auch nichts eingefallen, was seit 2 Wochen anders wäre. Unser Tag richtet sich nach ihm, da er völlig flexible Schlafzeiten und -dauern hat (von 4 x 1/2 Stunde bis 4 Stunden am Stück ist alles möglich, allerdings nie vorhersehbar). Er wird von Geburt an im Tragetuch getragen, oft bis zu 6 Stunden am Tag, da er den Kinderwagen, das Autofahren und das Schlafen allein völlig ablehnt. Er ist voll gestillt, der erste Beikostversuch vor ein paar Tagen war zu früh. Seit er sich umdrehen kann ( schon ca. seit dem 4. Lm ) ist Wickeln eh zur olympischen Disziplin geworden. Jetzt wird es aber mit der Brüllerei unerträglich. Da ich eigentlich davon überzeugt bin, dass es in dem Alter kein grundloses Schreien gibt, hoffe ich, dass ihr mir weiterhelfen könnt. Lg Dani mit Florian

Hallo Dani,

ich kann gut nachvollziehen, wie es sich für dich anfühlen muss, wenn dein Sohn bei jedem Mal wickeln so weint, denn schließlich verbringst du mit dem Windeln wechseln und der Körperpflege viel Zeit. Jedes Mal zu wissen, dass er sich dabei nicht wohlfühlt, macht die Situation von Beginn an schlimmer –  für euch beide.

Aber schauen wir uns das Wickeln mal genauer an. Für dich sind es Handlungen, die eben sein müssen und nebenbei geschehen – dein Baby kann es aber ganz anders empfinden und deswegen mit Unmut reagieren. Er empfindet es nicht nur etwas „nebenbei“, sondern für ihn ist es eine intensive Zeit des Miteinanders und eine Chance, in Beziehung zu gehen. Es kann aber auch bedeuten, dass er aus einer Situation gerissen wird und ihm der Übergang in eine neue Situation oder in eine neue Umgebung zu schnell geht. Immerhin befindet er sich gerade mitten in einem großen Entwicklungssprung, den er auch verarbeiten muss – und da können bisherigen Situationen plötzlich schwierig werden.

Statt Windeln wechseln als notwendiges Übel zu sehen, kannst du diese Zeit nutzen, die Beziehung mit deinem Kind zu gestalten. Zunächst einmal kannst du wertschätzend mit seinem Körper umgehen. Frag ihn, ob du ihn jetzt ausziehen darfst, ob du seine Windel wechseln darfst, ob die Temperatur der Unterlage angenehm ist, ob ihm zu kalt ist, etc. – wahrscheinlich versteht er noch nicht jedes Wort, aber er erfährt so, dass dir sein Wohlergehen wichtig ist. Wenn du riechst, dass seine Windel voll ist, dann bereite ihn darauf vor: „Ich rieche, dass deine Windel voll ist. Das ist sicher unangenehm für dich. Komm, ich gebe dir jetzt eine frische Windel, dann ist es wieder angenehmer.“ Genauso kannst du es auch sagen, wenn nur Pipi in der Windel ist – wir gehen davon aus, dass kein Mensch lange in seinen Ausscheidungen liegen möchte.

Was du noch versuchen kannst ist, die Zeit der Körperpflege zu nutzen und ihn viel nackig strampeln lassen. Vielleicht entleert er seine Blase auch gerne dann, wenn er dazu die Gelegenheit hat. Bei vielen Eltern ist es so, dass die Bedürfnisse von ihnen und ihren Kindern auseinandergehen. Während die Eltern schnell wickeln wollen, möchten sich die Kinder lieber nackig bewegen und aktiv sein. Das lese ich auch bei deinen Zeilen ein wenig heraus. So entwickelt sich immer mehr ein Gegeneinander, das letztendlich beide Seiten nicht zufriedenstellt und schnell ermüdend ist. Deswegen kannst du versuchen, die Wickelsituation ähnlich der Schlafensituation zu gestalten und ein Ritual einführen.

Im Vordergrund stehen nicht die Ablenkung durch Mobile oder andere Spielsachen, sondern es geht um eine reizarme Umgebung und die Interaktion miteinander. Dabei ist es wichtig, dass dein Kind seinen Bewegungsdrang ausleben kann – also entweder wickelst du ihn am Boden, damit die Gefahr des Hinunterfallens reduziert ist, oder du kaufst dir einen speziellen Wickeltisch von Pikler, der genau diesem Bedürfnis von Kindern gerecht wird. Auch beim Wickeln gilt, dass du deinen Sohn wahrnimmst und auf seine Bedürfnisse eingehst. Vielleicht steckt hinter dem Weinen das Bedürfnis sich nackt zu spüren? Oder er möchte lieber abgehalten werden, statt seine Ausscheidungen in eine Windel zu erledigen? Vielleicht möchte er wissen, was als nächstes passiert? Oder er möchte selber mitmachen?

Du kannst die Wickelsituation für ihn auch angenehmer gestalten, in dem du Spiele und Reime einplanst. Beliebt und auch gut für das Körpergefühl sind Sprüche wie

„Zwicke, zwacke, zwase, ich zwick dich in die Nase“ (dann einfach andere Körperteile einsetzen) oder auch Lieder wie

„Jetzt zieht Hampelmann, jetzt zieht Hampelmann sich seine Hose an….“

Plane für das Wickeln also ausreichend Zeit ein. Es wird nicht aufwändiger sein, als wenn du dein Kind gegen seinen Willen wickelst. Wenn du seine Bedürfnisse erkennst und wahrnimmst, dann fühlt er sich mit dir verbunden und lernt, dass er gesehen wird. Auch unsere Babys genießen die Körperpflege genauso wie wir eine wohltuende Massage genießen oder ein langes Entspannungsbad. Natürlich muss es manchmal schnell gehen, natürlich bist du manchmal gestresst und genervt – dann kommuniziere es auch deinem Sohn.

Ich hoffe für euch, dass sich die Situation wieder entspannt und ihr das Wickeln wieder genießen könnt.

Alles Liebe,

Anna von welovefamily

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